Traumerfüllung 3. Teil – oberitalienische Seen und vielleicht mehr ….

Traumerfüllung 3. Teil – oberitalienische Seen und vielleicht mehr ….

Diesmal ist es eigentlich gar keine Traumerfüllung – es ist eher das Bedürfnis, Erlebnisse des letzten Jahres auf der Tour rund um den Stiefel wieder abrufen zu wollen. Aber Vorsicht – ich weiß ja, dass es meistens anders kommt und dass mich vorgefertigte Erwartungen in dem blockieren können, was an Unbekannten auf mich wartet. Was mich antreibt ist: wieder dieses Gefühl zu erleben, morgens nicht wissen, wo ich abends ankommen werde. Welchen Menschen werde ich begegnen, wie werde ich mir und meinen Gedanken begegnen, wie werde ich die körperlichen Strapazen verkraften?

Ich bin in diesem Jahr in einem deutlich besseren Trainingszustand und werde auf Grund der Erfahrungen des letzten Jahres meinen Rucksack erheblich schmaler packen. Die Leistenschmerzen auf der letztjährigen Tour entpuppten sich als eine ausgewachsene Hüftarthrose, die die starken Schmerzen der letzten Jahre auf dem Fahrrad erklärbar werden liessen. Durch tägliches Training habe ich das mittlerweile gut im Griff – das wird mich in diesem Jahr nicht bremsen.

Die vielen kleinen und grösseren oberitalienischen Seen westlich des Gardasees bis hinüber zum Lago Maggiore sind ein Teil des Planes, dann mit dem Zug an Turin vorbei nach Cuneo und von dort wieder mit dem Rad nach Barcelonette in Frankreich. Hier will ich noch die letzten Pässse der Routes des Grand Alpes bis nach Menton am Mittelmeer fahren, die ich vor 3 Jahren nicht zuende gefahren hatte. Und je nachdem, wie ich mich dann fühle, geht es zurück die Riviera hoch Richtung Genua. Starten soll das ganze in Innsbruck, über den Brenner und den für mich schönsten Alpenpass, den Jaufenpass, nach Meran. Von dort Kurs Südwest zum ersten See, dem Lago di Santa Giustina und dann ….

Viel ist seit der letzten Tour geschehen: mein Ältester hat eine schwere Gehirntumeroperation gut überstanden und kämpft wieder um seinen sportlichen Anschluss als Basketballprofi, mit meiner Frau war ich für 4 Wochen in Neuseeland auf einer Traumreise durch das Land der Elben und Orks und last but not least wurde ich am 22. März diesen Jahres auch noch Opa. Das pralle Leben halt: von allem etwas und bei allem immer was zu lernen.

Die Erwartung bzgl. des Schreibens eines Blogs hat sich voll erfüllt: immer wenn ich im letzten Jahr Texte meines Blogs las, war ich sofort wieder dort und in dieser Gefühlslage. Es gelingt mir dadurch viel schneller und intensiver, gute Gefühle und Stimmungen abzurufen und viel schneller, „besser drauf“ zu sein.

1 Tagesetappe Innsbruck – Meran

1 Tagesetappe Innsbruck – Meran

Heute ging es darum, die eigene Form, das Rad und das Fahren mit Rucksack und natürlich auch den inneren Schweinehund zu testen.
Der schrie heute die gut 1100 HM den Jaufenpass von Sterzing hinauf des öfteren ganz erheblich – allerdings ohne Chance.
Im 8.00 Uhr startete ich in Innsbruck, nachdem ich von Rosenheim mit dem Zug dorthin gefahren war. Ideales Fahrradwetter und wenig Verkehr – in knapp 2 Stunden war ich oben.

Kurze Pause und dann schnelle Abfahrt nach Sterzing. Dort hatte ich mich mit meinen Coach Kollegen Hanns verabredet – wir fuhren zusammen den Jaufenpass hoch. Oben dicke Kuchen, einige Fotos – dann fuhr er wieder zurück und ich den Jaufenpass – für mich der schönste Alpenpass – nach Meran.

Das Hotel hat ein Schwimmbad – ziemlich erschöpft lag ich auf einer Liege und beobachtete die Entwicklung der Cumulus Wolken. Immer wieder „sah“ ich neue Dinge – als Kind hatte ich das sehr oft im Sommer getan. Ich empfand es als extrem entspannend und die Vorstellungskraft fördernd.
Gerade sitze ich in einer total vollen Pizzeria und relaxe.
Morgen geht es dann über den Gampenpass zu den ersten tollen Seen – in einige werde ich bei dem heißen Wetter bestimmt reinspringen.
Es ist ein Traumwetter in den nächsten Tagen.

 

 

2. Tagesetappe von Meran nach Fondo

2. Tagesetappe von Meran nach Fondo

Den Gampenpass hinauf war es eine arge Schinderei – 1200 HM am Stück mit Rucksack: das hatte ich unterschätzt. Und als ich dann den ersten See, den Lago di Smeraldo kurz vor Fondo erreicht hatte und dort toll gegessen hatte, spürte ich genau, dass ich es heute gut sein lassen sollte.
Der Rucksack mit seinen 6 kg drückt bergauf das Fahrrad geradezu in die Fahrbahn und ich „habe Rücken“.

Also kurz den See aufgesucht bei 15 Grad Celsius Wassertemperatur und dann ausgeruht.

Diese Fahrt ist jetzt schon anders. Ich bin nachdenklicher und nicht so euphorisch wie im letzten Jahr. Dieses Jahr geht es wohl eher darum, mich mehr mit mir selbst auseinander zu setzen, als ein bestimmtes Ziel – im letzten Jahr war es die Stiefelumrundung – zu erreichen.

Habe heute schon drüber nachgedacht, die letzten Pässe der Routes des Grand Alpes nicht mehr zu fahren, sondern von Cuneo direkt an die Riviera zu fahren. Na schaun mer mal.

Der Lago di Smeraldo hat in seiner Verlängerung eine beeindruckende Schlucht, die als Spazierweg direkt nach Fondo führt. Auf dem Marktplatz spielte eine Band und die Italiener waren mit den Familien unterwegs. Da kann ich mich nicht satt genug sehen – gerade bei den Kleinen. Sehr oft muss ich an meinen ersten Enkel denken, der unserem Leben eine richtige emotionale Spitze beschert.

3. Tagesetappe von Fondo nach Idro

3. Tagesetappe von Fondo nach Idro

Auf der heutigen Tagesetappe lagen sie nur so am Wegesrand: die Lagos. Der Lago di Santa Giustina, ein Stausee, der Lago di Molveno auf knapp 900 m Höhe, der Lago di Ponte Pia, der Lago di Roncone, ein Angel- und Badesee und zum Schluss der Idrosee. An dessen Südufer in Idro habe ich dann auch eine sehr einfache Albergo gefunden, in der ich die Nacht verbringe.

Auch heute war die Fahrt sehr anstrengend: 140 km und 1800 HM, dafür aber sehr abwechslungsreich – eher so, wie ich mir die Tour vorstelle. Viele einsame Strässchen, tolle Ausblicke auf Berge und Täler und nicht nur Schmerzen auf einem langen Pass.

Am Abend in der Albergo hätte ich gerne mit jemanden das eine oder andere Wort gewechselt – aber hier spricht man kein Deutsch mehr oder auch Englisch. Also Klappe gehalten und später mit meiner Frau und guten Freunden ein Telefonat geführt.

Die Chefin des Hauses wollte meine verschwitze Sportkleidung nicht waschen und mich irgendwohin schicken in eine Wäscherei – dies bekam die sehr nette Bedienung mit und erledigte das für mich hinter deren Rücken. Es ist schon sehr angenehm, morgens wieder in frische Sportkleidung zu steigen, die mehrfach am Vortage komplett durchgeschwitzt wurde.

Am Lago di Molveno saß ich direkt am Ufer und aß meine obligatorischen Pasta. Mein Magen muss jeden Tag Höchstleistungen vollbringen: bei aller Anstrengung des Körpers die Getränke und Speisen integrieren und nicht rebellieren. Nach einer langen Fahrt wie heute benötigt er fast 2 Stunden, um sich wieder zu beruhigen.

Absolut Verlass ist bisher auf mein Fahrrad: es steckt klaglos alles weg und ist mir zuverlässige Begleitung. Die Straßen heute waren in in einem oft hervorragenden Zustand – auch die kleinen, abgelegen Nebenstraßen.

Weiterhin sehr angenehm ist die Sauberkeit dieses Teils von Italien – ganz im Gegensatz zum vermüllten Süditalien des letzten Jahres.

4. Tagesetappe von Idro nach Iseo

4. Tagesetappe von Idro nach Iseo

Die diesjährige Tour findet unter anderen klimatischen Bedingungen statt: heute wie schon die letzten Tage pendelte sich das Thermometer zwischen 33 und 35 Grad Celsius ein. Die Folge ist eine deutlich höhere Belastung und längere Pausen.

Heute „übersprang“ ich auf dem Weg nach Iseo nur zwei kleinere Höhenrücken mit 1000 Höhenmetern, die mich dann in Iseo ein Hotel suchen ließen. Am frühen Abend ging ich in den See schwimmen – welch eine Wohltat.

Auf meinem Weg heute waren Heerscharen von italienischen Fahrradfahrern unterwegs – Samstag morgen halt.

Am Vorderrad musste das Lager nachgezogen werden und den Impulsgeber für den Tacho habe ich auch verloren – ich führe beides auf die vielen Erschütterungen und das hohe Gesamtgewicht von knapp 110 kg zurück.

Was den Tag morgen betrifft bin ich noch unsicher – eine Runde ohne Rucksack um den See oder Weiterfahrt nach Bergamo und dann zum Comer See / schaun mer mal dann sehn wir schon.

5. Tagesetappe – Iseosee und Lago di Endine

5. Tagesetappe – Iseosee und Lago di Endine

Spontan entschied ich mich gegen meinen Rucksack und für die Umrundung des Iseosees.

Schon um 7.30 Uhr fuhren Hundertschaften von Fahrradfahrern am Hotel vorbei. Sonntags ist in Italien Radsporttag. Der Himmel war bewölkt, aber es war warm. So fuhr ich los in Richtung Westufer – die Strasse war durchgängig flach. Dann entdeckte ich auf meiner Kartenapp in Riva di Solto eine Querverbindung – gezackter Strassenverlauf bedeutet immer Berg – zum Lago di Endine. Dieser See liegt westlich des Iseosees und ist deutlich ruhiger und beschaulicher.

Während der Umrundung hielt ich am Ostufer auf einem kleinen Grillplatz an, um dort ins Wasser zu steigen. Erfrischung pur.

Kurz danach kamen die ersten Regentropfen und ich beeilte mich, in Richtung Iseosee zu kommen. Dort in Lovere setzte dann stärkerer Regen ein und ich beschloss spontan, mit dem gerade anlegenden Ferryboat Richtung Iseo zu schippern.

Die nächste Korrektur war dann der Entschluss, auf der Monte Isola auszusteigen. Diese Insel ist die Größte eines italienischen Binnensees und war heute von vielen Touristen bevölkert.

Heute hatte ich einen wunderschönen Urlaubstag, der sich auf das spontane Einlassen der sich ergebenden Möglichkeiten gründete. Einfach gemacht und alles war perfekt.

Am Ende waren es auch wieder gut 80 km Fahrtstrecke und ca. 300 HM.